Hintermofenrätsel Nr. 10 – aufgewärmt

Rechts ein weiteres Foto mit “Otsch” Siemers. Hier etwas zu Lottemarie Siemers, seiner Witwe…

Das Hintermofenrätsel Nr. 10 vom 16.12.2009:
Wer ist das?

…Als Rentner und Witwer kam er später fast täglich mit dem Moped von seiner Wohnung in der Bellmannstraße zum Holm um bei Großmutter Mittag zu essen. Er war fast immer unpünktlich, kannte Gott und die Welt, verwickelte sich ständig in endlose Gespräche, war zu fast jedem ebenso freundlich wie redselig, geriet selten aus der Fassung (konnte dann aber sehr unangenehm werden). Durch die Segelleidenschaft war er auf dem Holm besonders mit Hanne Dalli befreundet…

(Es handelt sich um ein Zitat aus einem Buch, das ich gerade antiquarisch erworben habe. Die beschriebene Person wird im “Klassentreffen” mehrfach gezeigt und erwähnt) :D

Ich hoffe, es ist nicht zu leicht.

Egon Borstel aus der Bellmannstraße, der Leibfrisör von Gerd Tams und Jürgen Drews, war es nicht. Schön Torsten, ich freue mich über jeden Fehlversuch (fies nicht?).

Holger Petersen:

Das kann nur Otsch (Otto) Siemers sein. Er kannte auch Hanne Dalli (Johann Fischer) sehr gut. Er beschäftigte sich mit der Kahnsegelei am Holm und war auch sonst dem Wasser sehr verbunden.

Was sagst Du nun Gerd. Eine Stunde später hätte ich die schwere Frage nicht beantworten können. Übrigens starb Otsch in den 60ern. (Admin: Letzteres stimmt nicht ganz…)

Holger!!! Musste das denn nun schon sein! Aber Respekt! Dazu ist wohl nur ein nie aus der Stadt geflüchteter Ureinwohner fähig. Gratulation!

(Das Zitat stammt aus dem Buch “PETRI-PATRI-PARADIES” von Marlies Jensen (Leier), Wachholtz Verlag, 2. Aufl. 1997.)

U.a. steht in dem Buch noch zu “Otto Siemers (Otje)“:

Otje war Beliebungsbruder, regelmäßiger Teilnehmer an den Feierlichkeiten und nahm am liebsten am Gesang bei den “Stichlingen” teil. Mit Freuden spendete er für die Beliebungskasse.

Lutz Clausen:

Na Gerd, wundert mich eigentlich – dass Du “Petri-Patri-Paradies” aus den Händen legen kannst – um noch nebenbei Fragen zu formulieren. Ich habe es verschlungen – und war nebenher zu nichts anderem fähig.
Das was ich jedoch nicht nachvollziehen kann – wie konnte Otsch als Rentner noch bei seiner Großmutter essen?

Admin: Lutz! Ich bitte doch das “Klassentreffen” nicht auf die Schippe zu nehmen. Es handelt sich bei der “Großmutter” um die Großmutter der Autorin! |-|

Jürgen Jürgensen:

Moin zusammen, hallo Gerd,
nach der Rückkehr aus dem Urlaub verlangt meine mitteilungsbedürftige Chronistenseele nach einer Ergänzung der Daten von Ottsch.

Holger Petersen schreibt oben, Ottsch sei in den 60ern verstorben. Das ist falsch. Ottsch starb 1979 im Alter von knapp 80 Jahren. Er war Jahrgang 1900.

Wenn er mit seinem Moped durch Schleswig knatterte, trug Ottsch einen schweren alten Ledermantel und die unvermeidliche Schippermütze. Er hielt sofort an, wenn er jemanden kannte. Und weil er viele kannte, war das oft der Fall. Und dann wurde geschnackt. Aber richtig. Und zwar laut. Ich habe seine schnarrende Stimme mit dem breiten Schleswiger Slang noch heute im Ohr (“sss” und “ccchhh” – “cheele Cheochinen op de chröne Wieschen…”). Mein Vater sprach auch in diesem Slang.

Obwohl sie sich im Dienst täglich sahen, wurde auf der Straße weitergeschnackt, wenn sie sich trafen. Als Kind war ich an der Hand meines Vaters oft dabei. Und dann wurde vom Leder gezogen. Nur auf platt! Das waren zweifelhafte Lehrstunden für mich, weil sie meistens nicht druckreif und sehr laut redeten (beide hörten schlecht). Nur über 06 oder über den Krieg.

Beide waren alte Landser, vom ersten bis zu letzten Tag dabei. Ottsch bereits Ende des Ersten Weltkriegs. Da gab es viel aufzuarbeiten. Jeder wollte vom anderen alles genau wissen. Mein Vater war als Artillerist an allen Fronten unterwegs gewesen, Ottsch zuletzt überwiegend als Zahlmeister (Offizier) in Norwegen. (Kaum zu glauben, was dieser Generation zugemutet wurde).

Ich erinnere mich auch gut an Geburtstage meines Vaters in den 50ern mit Ottsch und anderen Kollegen oder Kriegskameraden. Mein lieber Mann, da wurde gefeiert. Bier, Schnaps und Zigarren ohne Ende. Die hatten eben Nachholbedarf. Außerdem waren sie es gewohnt zuzulangen. Qualmen und Saufen war eben für viele Landser im Krieg auch ein Stück Ablenkung.

Ottsch ebenso wie mein Vater zählten bei 06 auch zu einer Gruppe von 06-Veteranen, die nach dem Krieg bis weit in die 60er Jahre hinein auf Höhe der Mittellinie zum B-Platz hin kaum ein Heimspiel versäumten. Alles 06-Fanatiker. Da ging es richtig zur Sache. Und da konnte Ottsch auch richtig böse werden, wenn es bei 06 nicht lief. Natürlich war dann meistens der Schiri schuld. Und so kam es bisweilen zu Spielunterbrechungen, weil Ottsch (und manchmal leider auch mein Erzeuger) aufgefordert wurden, sich das Spiel von draußen anzuschauen. Von Vorbild keine Spur, aber so waren sie halt. Die machten eben aus ihrer Mördergrube kein Herz. Trotz moralischer Bedenken find ich`s zum Schießen, wenn ich heute dran denke.

Noch ein Nachschlag:

So sah Ottsch als Rentner aus (Foto oben, mit Pfeife). Da war er im Luisenbad noch aktiv.
Einen seiner größten sportlichen Erfolge verzeichnete Ottsch übrigens als Schleswiger Schwimmtrainer mit der Erringung der Deutschen Meisterschaft in der 3 x 100 m Kraulstaffel 1935 (in Plauen) und 1936 (in Halberstadt) durch die Schleswiger Mädchen Erna Goos, Elfriede Schumacher und Gundela Titschak. Mit diesem Schwimmkapitel hat Falk Ritter sich auf seiner HP ausführlich beschäftigt.

Nachtrag…


851 Ansichten

6 Gedanken zu „Hintermofenrätsel Nr. 10 – aufgewärmt“

  1. Das kann nur Otsch (Otto) Siemers sein. Er kannte auch Hanne Dalli (Johann Fischer) sehr gut.
    Er beschäftigte sich mit der Kahnsegelei am Holm und war auch sonst dem Wasser sehr verbunden.
    Was sagst Du nun Gerd. Eine Stunde später hätte ich die schwere Frage nicht beantworten können. Übrigens starb Otsch in den 60ern.

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  2. Gönnen wir dem Adm. die Freude ! Mir fallen zwar noch etliche Namen aus der Bellmannstraße ein, aber einen Bezug zum Holm etc. finde ich nicht – Wäre eigentlich was für Lutz Clausen, dessen Revier war ja Chemnitz-/Bellmann und umliegende Strassen.
    Dann ratet mal schön bis Mitternacht, ich mache jetzt Feierabend und schließe das Internet.

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  3. na Gerd,wundert mich eigentlich-dass Du “Petri-Patri-Paradies” aus den Händen legen kannst-um noch nebenbei Fragen zu formulieren.
    Ich habe es verschlungen-und war nebenher zu nichts anderem fähig.
    Das was ich jedoch nicht nachvollziehen kann-wie konnte Otsch als Rentner noch bei seiner Großmutter essen?

    Antworten
  4. Moin zusammen, hallo Gerd,

    nach der Rückkehr aus dem Urlaub verlangt meine mitteilungsbedürftige Chronistenseele nach einer Ergänzung der Daten von Ottsch.

    Holger Petersen schreibt oben, Ottsch sei in den 60ern verstorben. Das ist falsch. Ottsch starb 1979 im Alter von knapp 80 Jahren. Er war Jahrgang 1900.

    Wenn er mit seinem Moped durch Schleswig knatterte, trug Ottsch einen schweren alten Ledermantel und die unvermeidliche Schippermütze. Er hielt sofort an, wenn er jemanden kannte. Und weil er viele kannte, war das oft der Fall. Und dann wurde geschnackt. Aber richtig. Und zwar laut. Ich habe seine schnarrende Stimme mit dem breiten Schleswiger Slang noch heute im Ohr (“sss” und “ccchhh” – “cheele Cheochinen op de chröne Wieschen…”). Mein Vater sprach auch in diesem Slang.

    Obwohl sie sich im Dienst täglich sahen, wurde auf der Straße weitergeschnackt, wenn sie sich trafen. Als Kind war ich an der Hand meines Vaters oft dabei. Und dann wurde vom Leder gezogen. Nur auf platt! Das waren zweifelhafte Lehrstunden für mich, weil sie meistens nicht druckreif und sehr laut redeten (beide hörten schlecht). Nur über 06 oder über den Krieg.

    Beide waren alte Landser, vom ersten bis zu letzten Tag dabei. Ottsch bereits Ende des Ersten Weltkriegs. Da gab es viel aufzuarbeiten. Jeder wollte vom anderen alles genau wissen. Mein Vater war als Artillerist an allen Fronten unterwegs gewesen, Ottsch zuletzt überwiegend als Zahlmeister (Offizier) in Norwegen. (Kaum zu glauben, was dieser Generation zugemutet wurde).

    Ich erinnere mich auch gut an Geburtstage meines Vaters in den 50ern mit Ottsch und anderen Kollegen oder Kriegskameraden. Mein lieber Mann, da wurde gefeiert. Bier, Schnaps und Zigarren ohne Ende. Die hatten eben Nachholbedarf. Außerdem waren sie es gewohnt zuzulangen. Qualmen und Saufen war eben für viele Landser im Krieg auch ein Stück Ablenkung.

    Ottsch ebenso wie mein Vater zählten bei 06 auch zu einer Gruppe von 06-Veteranen, die nach dem Krieg bis weit in die 60er Jahre hinein auf Höhe der Mittellinie zum B-Platz hin kaum ein Heimspiel versäumten. Alles 06-Fanatiker. Da ging es richtig zur Sache. Und da konnte Ottsch auch richtig böse werden, wenn es bei 06 nicht lief. Natürlich war dann meistens der Schiri schuld. Und so kam es bisweilen zu Spielunterbrechungen, weil Ottsch (und manchmal leider auch mein Erzeuger) aufgefordert wurden, sich das Spiel von draußen anzuschauen. Von Vorbild keine Spur, aber so waren sie halt. Die machten eben aus ihrer Mördergrube kein Herz. Trotz moralischer Bedenken find ich`s zum Schießen, wenn ich heute dran denke.

    Viele Grüße
    JJ

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