Die Stampfmühle und die Waldmühle

Die Waldmühle, gegründet als Wassermühle mit dem Namen „Stampfmühle„.

Die Mühle wurde schon ca. 1870 um eine Gastwirtschaft erweitert.

Heute ein Wohnhaus.

Die Stampfmühle und die Waldmühle sind hier das Thema – s. die Kartenausschnitte links aus dem Stadtplan von 1957.
Rechts ist ein Kartenausschnitt aus einer älteren Karte, auf der noch keine „Waldmühle“ bekannt ist.

Es folgt gleich ein Text von Heinrich Philippsen von 1923, der einiges über die Stampfmühle und auch die Waldmühle mitteilt.

Aus diesem Text entnehme ich, dass die Wassermühle im Wald als „Stampfmühle“ gegründet wurde. Es handelte sich dabei um die direkt am Weg liegende spätere „Waldmühle“ (s. links). Etwas erhöht wurde die „Stampfmühle“ als Gastwirtschaft erbaut (s. rechts). Sie brannte 1909 ab und wurde ein Jahr später durch einen Neubau ersetzt, der auch heute noch besteht. Heute steht vor der „“Stampfmühle“ eine neue Anlage für Senioren. Beide Etablissements, die „Waldmühle“ und die „Stampfmühle“ wurden durch die Schleswiger Bevölkerung als Ausflugs- und Belustigungsziele genutzt. Die „Waldmühle“ ist heute ein Wohnhaus.

Hier der Text von Heinrich Philippsen:
Die nahe dem Tiergarten im einstigen Pöhler Walde belegene Stampfmühle bildet den Beschluß der hier zur Besprechung stehenden Wassermühlen. Sie war ursprünglich eine Walk-, Stampf- und Lohmühle und wurde 1770 von dem Zimmermeister Claus Delfs erbaut, dem die landesherrliche Einwilligung zum Betrieb der Mühle erteilt wurde. Delfs verkaufte wenige Jahre später die Mühle an Johann Werner Reinemund, der zur Verbesserung seiner Einnahmen neben der Mühle „ein großes Haus“ auf der Höhe des „Kleiberges“ erbaute, in dem er eine Gastwirtschaft betrieb. Hierzu sah er sich genötigt, da ihm der Magistrat zu Schleswig den Besuch der Märkte mit seinen Gerberwaren verboten und eine Beschwerde beim damaligen Statthalter nur insoweit Erfolg hatte, als dieser dem Magistrat empfahl, ihm durch eine jährliche Abfindung an die Stadtkasse von 3 Thl die Gerechtsame eines Bürgers zu verleihen und ihn zur Aufnahme in eine Zunft fähig zu machen. Reinemund machte schließlich Konkurs, Mühle und Wirtschaft gingen in andere Hände über und wurden in der Folgezeit als selbständige Grundstücke voneinander getrennt und bewirtschaftet. Die Mühle ist verschiedentlich umgeändert, zuerst in eine Grütz- und Graupenmühle, später zu einer Fabrik für Kaffee-Surrogate aus Zichorienwurzeln, zuletzt in eine Sägemühle. Als solche hat sie noch bis vor wenigen Jahren bestanden, sie wurde aber bereits in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu einer Gastwirtschaft erweitert, die als „Waldmühle“ bald regen Verkehr hatte und wiederholt deutlich vergrößert ist. Die als „Stampfmühle“ bekannte erhöht liegende Gastwirtschaft ist nach häufigem Besitzwechsel zuletzt Eigentum der Stadt geworden. Sie brannte gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts ab, wurde aber wieder aufgebaut, ist jedoch seit 1910 durch einen, den gesteigerten Ansprüchen der Neuzeit entsprechenden Neubau ersetzt worden, dessen freie Lage eine weiten Ausblick über die in ihrem Wechsel von Wasser und Wald, Feld und Wiese besonders anziehende Schleilandschaft bietet.

Jetzt lauschen wir der Stimme unseres Fachmannes für das Kneipen- und Gaststättenwesen, Norbert Neidebock:

In der Waldmühle war zu meiner Sturm- und Drangzeit keine Gastwirtschaft mehr. Aber an das Haus kann ich mich noch erinnern, wenn wir zur Stampf(Twist)mühle gingen. Das war Anfang der 60er Jahre.

Mitte/Ende der 60er kamen wir nur bis zum Café Eden. Die Stampfmühle war, wie es auf Neudeutsch heißt, schon lange „OUT“! Die Betreiber vom Eden hatten dann auch noch den Senatorkroog, wo man auf „Bären“fellen ;D saß und Altbier, das direkt aus´m Faß auf´m Tresen gezapft wurde, trank. Dazu wurde „La Flute“, gebacken von Bäcker Stahmer, gegessen.

Torsten Hansen: „Cafe Eden“ war Ende der 60er meine erste regelmäßige Pinte, mit „KöPi“ vom Faß bis zum Abwinken und dann nächstens betüdelt stundenlang unterwegs nach Hause…
Eine Zeitlang versuchte der legendäre Schleihallen-Inhaber Jürgens beim Eden einen Tierpark zu unterhalten, der aber schnell wieder geschlossen wurde, das war sehr trostlos.

Wolfgang Kather: Das Cafe Eden konnte erst gebaut werden nachdem das Gelände mit dem Abruchschrott, der über dem laufenden Verkehr der B76 zusammengebrochenen neu gebauten und gerade erst entschalten Brücke der Umgehungsstraße, aufgefüllt worden ist.

In der Stampfmühle hat nicht nur meine eigene Hochzeitsfeier im Jahr 1967 stattgefunden, nein, auch andere wichtige Persönlichkeiten luden ein :D . Falk Ritter schickt folgenden Beitrag:

SN vom 22.4.1914:

Herr Major von Bohlen und Halbach hat seinen Abschied von der Armee genommen und beabsichtigt, seinen Neigungen folgend, sich fernerhin der Kunst zu widmen.

Er siedelt mit Familie zunächst, und zwar morgen schon, nach Karlsruhe über, um dort und an anderen Hoftheatern künstlerische Studien zu trieben.

Vorgestern gab der Herr Major seiner Schwadron auf der Stampfmühle ein Abschiedsfest, wobei das gegenseitige Bedauern über die Trennung einen sehr herzlichen Ausdruck fand. Auch in der Bürgerschaft wird das Scheiden des liebenswürdigen, stets froh gelaunten Herrn v. Bohlen und Halbach aufrichtiges Bedauern erwecken. Der Musikverein, dem er durch sein hervorragendes künstlerisches Verständnis und durch seine Beziehungen zu Kunst und Künstlern eine hochgewertete Stütze war, sieht ihn nur ungern scheiden. Dankbar sei auch gedacht, daß sich Herr v. Bohlen und Halbach mehrfach und gern mit seinem ausgezeichneten Violinspiel in den Dienst der Wohltätigkeit gestellt hat.

Für seine Zukunft darf man ihm von herzen Erfolg und Befriedigung wünschen.

Rittmeister Harry von Bohlen und Halbach war ein Schwager von Bertha Krupp von Bohlen und Halbach, nach der die Kanone „Dicke Bertha“ benannt wurde.
Und so schließt sich der Kreis zum oben links abgebildeten Ausschnitt aus einem „Diercke-Atlas“ :D:

Um 7 1/2 Uhr war das Konzert zu Ende, und hochbefriedigt und dankerfüllt ob des bereiteten Hochgenusses gingen die Zuhörer heim.“ Vier Tage zuvor waren diese beiden schon einmal aufgetreten – und zwar im Dom anläßlich eines „Wohltätigkeits-Konzerts zum Besten der kirchlichen Armenpflege in der Domgemeinde“. Kein Geringerer als der in Schleswig stationierte Rittmeister Harry von Bohlen und Halbach, ein Schwager von Bertha Krupp von Bohlen und Halbach, begleitete sie auf der Violine.


Hier noch fünf Ansichten des „Restaurants Waldmühle“.

Noch ein Blick aus dem Jahr 1920(?). Schloss Gottorf im Hintergrund im Zustand nach dem großen Brand von 1917.
Rechts die „neue“ Stampfmühle



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16 Gedanken zu „Die Stampfmühle und die Waldmühle“

  1. Dann waren die Tams’s in der Schleswiger Gastronomie wohl sehr
    präsent: Auch der „Historische Gasthof Haddeby“ wurde von den Damen Tams betrieben, die sogar einen leibhaftigen Bundespräsidenten bewirteten (und nicht nur den …).

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  2. Ich kann mich jetzt gar nicht dran erinnern, dass dort ein Bach fließt. Aber es handelte sich ja um eine Wassermühle… :?: :roll:

    Wo ist/war der „Kleiberg“ ?

    Ist Gerd mit den genannten Tams verwandt ?

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  3. Tja Sönke, eine Frage kann ich beantworten: Ich bin (meines Wissens) mit diesen Tämsen weder verwandt noch verschwägert. Ahnenforschung habe ich bisher aber nicht betrieben :D

    Auf diesem Bild ist ein Teich zu sehen (Der undeutliche Text lautet m.E. „Blick vom Konzertgarten“). Vielleicht hat dieser Teich die Mühle gespeist?

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  4. In der Waldmühle war zu meiner Sturm- und Drangzeit keine Gastwirtschaft mehr. Aber an das Haus kann ich mich noch erinnern, wenn wir zur Stampf(Twist)mühle gingen. Das war Anfang der 60er Jahre. Mitte/Ende der 60er kamen wir nur bis zum Café Eden. Die Stampfmühle war, wie es auf Neudeutsch heißt, schon lange „OUT“ ! Die Betreiber vom Eden hatten dann auch noch den Senatorkrog, wo man auf „Bären“fellen ;D saß und Altbier, das direkt aus´m Faß auf´m Tresen gezapft wurde, trank. Dazu wurde „La Flute“, gebacken von Bäcker Stahmer, gegessen.

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  5. „Cafe Eden“ war Ende der 60er meine erste regelmäßige Pinte, mit „KöPi“ vom
    Faß bis zum Abwinken und dann nächstens betüdelt stundenlang unterwegs nach Hause ..
    Eine Zeitlang versuchte der legendäre Schleihallen-Inhaber Jürgens beim Eden einen Tierpark zu unterhalten, der aber schnell wieder geschlossen wurde, das war sehr trostlos.

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  6. Das Cafe Eden konnte erst gebaut werden nachdem das Gelände mit dem Abruchschrott, der über dem laufenden Verkehr der B76 zusammengebrochenen neu gebauten und gerade erst entschalten Brücke der Umgehungsstraße, aufgefüllt worden ist.

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  7. Hallo Norbert !Wo bitte war der Senatorkroog mit Bärenfell?Ich kenne noch eine „Pinte“ in einer Passage am Stadtweg,mit braunem Fell auf den Bänken. Gruß Evelyn

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  8. Der Senatorkroog war am Rathausmarkt. Dort saß man auf Bärenfellen. Leider weiß ich nicht mehr die Namen der Betreiber. Einer hieß glaube ich Alwin mit Vornamen. Sie waren zu zweit und hatten zuerst das Café Eden übernommen.
    Sie führten in SL das „la flûte“ ein.
    Der Senatorkroog existiert immer noch, aber nicht mehr so urig wie früher. Soweit ich weiß, ist er von zwei Frauen übernommen worden. Die haben das Interieur total verändert, halt mehr weiblich. :yes: Im Sommer kann man aber gut davor sitzen.
    In der Passage haben wir viel Noli, ein Wermut, gesoffen. Ein Liter ´ne Mark :P
    Entsprechend erging es uns am nächsten Tag :oops:
    Außerdem hat der Wirt uns einen selbstgebrannten Korn namens „Ährendgold“, meist, ausgegeben. Dazu sangen wir dann : „Oh Ährengold, oh Ährengold…..“ nach der Melodie : „Oh Tannebaum…..“ Die Wirkung war so ähnlich, wie beim Noli :>>

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  9. Norbert, meinen herzlichen Dank für den Hinweis auf Noli!
    Da gab es im Husumer Baum an der Eisenbahn-Unterführung einen kleinen Kiosk (Wolfgang weiß, wovon ich rede…), der Noli ebenfalls für 1 DM/Liter verkaufte, und außerdem einzelne Zigaretten oder die kleinen Viererpacks wie IPLIC.
    Noli war wertvoll, weil du dir damit die nötige Startgeschwindigkeit geholt hast, denn ein halber Liter Flens im Deutschen Hof war für arme Lehrlinge viel zu teuer.
    Man mußte aber höllisch aufpassen, denn bei zuviel Noli gaben die Deerns dir gleich einen Korb, und war die Startgeschwindigkeit zu hoch, dann fehlte den Knaben die Traute, sich einen Korb einzufangen!
    Waren manchmal aber auch vertrackte Dinger, diese Deerns, immer zu zweit auf die Toilette. Da wußtest du gar nicht mehr, was gespielt wurde, wenn sie gruppenweise hochtoupiert abrauschten und ihre Pfennigabsätze ins Parkett donnerten!

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  10. Damals gab es auch noch dabbeljuweichester (WY-Chester) in 4er-Packs. Sehr angenehm auf Lunge zu rauchen. Beim Husten flog die Lungenbutter nur so raus. :>>

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  11. Hallo Norbert! Was sagt Dir der Name „Bodecke“ ? In meiner Erinnerung war die in der Passage Stadtweg. Im Senatorkroog war ich erst als Erwachsener bei einem Besuch in Schleswig. Gruß Evelyn

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  12. Nicht „Bodecke“, sondern „Bodega“ hieß die lütte Kneipe in der Passage :)) . Sie bestand aus einem etwas größeren und einem kleinen Raum (L-förmig angelegt), getrennt durch einem gittermäßigen Raumteiler.
    Wir saßen damals meistens im kleinen Raum, weil wir ja auch noch keine 18 waren. Aber das sah man damals noch nicht so verkniffen ;D . Dort konnten wir ungestört quarzen und dem Teufel Alohol frönen!
    Merke: Alohol und Rauchen is geßund,
    Unterschrift: Dr. Marlboro

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  13. Die Bodega war unter anderem „berühmt“ für ihre Soleier.
    Es gab eine weibliche Bedienung, der Name ist mir natürlich entfallen, die stellte leere Cola-Flaschen vor uns auf, wenn wir kein Geld hatten um uns eine Cola zu leisten.

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  14. Die Waldmühle hat – mindestens in den 50ern des vorigen Jahrhunderts – als Wohnhaus gedient: Ein Bio-Lehrer der Domschule wohnte dort…. Und dank Wolfgang Kather weiß ich nun auch, wo der Bauschutt der Busdorfer E3-Brücke blieb: Die hatten die Brücke frisch geschüttet und zum schnelleren Abbinden Koksöfen drunter gestellt – zu nah an Holzstützen, so daß in selbiger Nacht die ganze Geschichte zusammenbrach und dann in der Tat sehr schnell auf der B76 abband. Augenzeugen gabs nicht, niemand kam zu Schaden, aber die Baufirma, die dafür geradestehen mußte, hats wohl nicht überlebt.

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  15. In einem Brief von 1914 Schrieb meine Urgroßmutter Frida Auguste Glockow (Bevensee) an ihre in Dänemark verheiratete Schwester das Ihre Gastwirtschaft (Hotel) jetzt Lazarett ist (Stampfmühle) weiß noch jemand etwas oder gibt es Bilder.

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