Hier ist ein abgestaubter Fahrdorf-Kuddlmuddl-Eintrag… Üüüüüüüüüüübrigens: die Gemeinde Fahrdorf sucht ab Mai 2013 einen neuen Pächter für das „Alte Fährhaus“ (SHZ vom 16.4.2013)! Update: Offenbar ist ein Pächter gefunden worden!
Links sind zwei Abbildungen der alten Windmühle in Fahrdorf. Der Text der zweiten Abbildung lässt vermuten, dass die Mühle noch steht. Ist das so? Wahrscheinlich weisen die heutigenStraßenbezeichnungen „Mühlenberg“ und „Mühlenkoppel“ auf den früheren Standort der Mühle hin. Auf dem kleinen Kartenausschnitt (rechts) ist das Mühlensymbol rot eingekreist… Zum Kuckuck! Jetzt kommt der
Die alte Kuckucksgeschichte von Uwe C. wird abgestaubt, abgefüllt und neu verkorkt (mal wieder).
Und jetzt kommt auch noch ein Brand hinzu, eine Kunde, die gerade jetzt erst auf das Redaktionssofa des „Klassentreffens“ gelangt ist (s. am Ende des Eintrags…) – und die Frage: Was hat es mit „Dat Schlott“ auf sich…
Zuerst trinken wir ein Gläschen Champagner auf der Freiheit (die Damen mögen das), begeben uns dann zum Fährhaus und lassen uns nach Fahrdorf übersetzen (Torsten Hansen hat sich auch mal übersetzen lassen – als Bundeswehrsoldat!)
Carl Rehbein im Fährhaus Fahrdorf wartet schon auf uns. Es gibt frischen gebratenen Hering! Mit Kartoffelmus. Dazu Bier aus der Brüning’schen Brauerei.Was will der Mensch mehr?
Nach dem Essen und einem (oder zwei?) Köm hören wir uns dann nochmal die Geschichte von Uwe C. seinem Großvater seinen Schuss auf die Kuckucksuhr an
Aber die Waldkapelle spielt hier nun keine Rolle.
(Auf der Ansichtskarte links ist die Dorfstraße abgebildet, wie sie vor langer Zeit mal ausgesehen hat, rechts ist eine aktuelle Abbildung der Gaststätte)
Und hier jetzt Uwes Schilderung des erstaunlichen Ereignisses:
Zu späterer Stunde, im Kreise seiner Jägerkollegen verkündete mein Großvater, dass er bis Mitternacht noch einen Hirsch schießen würde. Allen soll klar gewesen sein, dass dies unmöglich war, da angeblich zu diesem Zeitpunkt gar keine Hirsche nördlich des Kaiser-Wilhelm-Kanals in den Revieren vorkamen. Er blieb dabei: „Bis 24: 00 Uhr schieß ich einen Hirsch!“Um eine Minute vor Mitternacht, riss er seine Jagdflinte an sich und schoss den Hirsch von der Kuckucksuhr ab, kurz bevor der Kuckuck um Mitternacht aus seinem Häuschen heraus kam. Durch den Knall soll die damalige Köchin in der Küche in Ohnmacht gefallen sein, wobei sie sich an der heißen Herdplatte verletzte.
Norbert Neidebock: Naja, das gehört wohl in die Rubrik: „Jägerlatein“. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Jäger seine Lizenz, selbst im größten Brausebrand, so leichtfertig aufs Spiel setzt!
Es mag sein, daß damals die Gesetzeslage anders war, als heute???
Uwe hat recherchiert und es ergeben sich Fragen:
Bei meinem letzten Besuch in der besagten Gaststätte erfuhr ich, dass es keine Kuckucksuhr gegeben haben soll. Weiterhin soll die Gaststätte z. Zt. der Nationalsozialisten aber „Zur Jägerklause“ oder zumindest so ähnlich, geheißen haben. Hier könnten durchaus Jäger getagt haben. Ein Bild aus dieser Zeit hängt in der Gaststube.
Ich suche also Auskünfte über den Verbleib der Uhr. Wer weiß da mehr? Kann Dr. Ritter weiterhelfen? Oder der Verein aus der Schleimöwe?
Jedenfalls konnte man den Wirt H. Callsen unter der Telefonnummer 3166 erreichen und von der großen Veranda mit Ausblick auf Schleswig Aal in Gelee essen. Die Ansichtskarte rechts ist aus dem Jahr 1970. Aber – immer noch keine Kuckucksuhr!
Und
1941 feierte die Feuerwehr vorläufig bei Callsen (Altes Fährhaus) das letzte Kameradschaftsfest.
Unsere unermüdliche Suche nach der Kuckucksuhr in der Fahrdorfer Region brachte uns zu diesem Foto einer Lokomobile des Dreschmaschinen-Besitzers Joh. Petersen aus Stexwig-Fahrdorf. Aber bringt uns das weiter?Falk Ritter am 25.3.2009: Hallo Herr Tams, wenn man ein Archiv aufsucht, passiert einem immer Folgendes: Man sucht etwas Bestimmtes, findet es aber nicht. Dafür findet man etwas, was man nicht gesucht hat.
Also, den abgeschossenen Hirsch fand ich nicht in der Fahrdorf-Chronik.
Dafür aber:
Der Fährmann, der 1625 Fahrdorf und Schleswig miteinander verband, hieß:
Dettleff Tams
Na, ist das was?
In den 1860er und 1870er Jahren betrieb in Haddeby ein J. Tams die Gaststätte, was Sie aber schon wissen.
Gruß, Ihr
Falk Ritter
Tja Uwe C., jetzt kommst Du!
Jetzt ein anderes Thema: Der große Brand!
Der Anbieter der Postkarte startet einen flammenden Aufruf:Heimatforscher und Heimatkundler aus Fahrdorf und Borgwedel… aufgepasst!
Das Originalfoto aus dem Jahre 1929 zeigt ein Wohnhaus und mehrere Gebäude, die bei dem großen Brand am Montagmorgen den 15.4.1929 vernichtet worden sind. Im Text hinten auf dem als Postkarte gelaufenen Foto, ist dieser Brand auch beschrieben.
Das Klassentreffen recherchiert: Die Chronik der Feuerwehr Fahrdorf meldet keinen Brand im Jahr 1929! Sollte eine Verwechslung mit dem Brand im Jahr 1919 vorliegen? Ein Service für die dänisch orientierten unter uns Fahrdorf = Fartorp; Borgwedel = Borvedel Update: Das mit dem Brand ist ja wohl eine Ente! Das angeblich abgebrannte Haus ist astrein auf der Ansichtskarte von 1963 zu sehen (kleines Foto, o.r.)… Update: Ein aufmerksamer Leser hat darauf hingewiesen, dass es sehr wohl einen – nein zwei – Brände im Jahr 1929 gegeben hat…
Heutzutage nennt sich ja Fahrdorf „Das Blankenese von Schleswig„.Solln’se doch.
Aber das Fahrdorf von früher, als es noch ein richtiges Dorf mit einer Gastwirtschaft war, gefällt mir eigentlich auch ganz gut.
(Die Ansichtskarte oben ist „nur so“. Mit „Dat Schlott“ hat das nichts zu tun.) Warum heißt diese „Ecke“ in Fahrdorf auf diversen Karten „Schlott“?
Dieses wollte ich im „Klassentreffen“ fragen, fand dann aber noch nach längerem googeln bei Helduader, gedruckt in Schleswig im Jahr 1822, etwas. „Schlott“ ist plattdeutsch für „Schloss“. Helduader kennt aber nicht die Ursache, denn ein Schloss ist weit und breit nicht in Sicht. Und nun noch uralte Ansichten…
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Naja, das gehört wohl in die Rubrik : „Jägerlatein“.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Jäger seine Lizenz, selbst im größten Brausebrand, so leichtfertig aufs Spiel setzt!
Es mag sein, daß damals die Gesetzeslage anders war, als heute???
Zum Thema Dreschmaschinen, Monarchen und Alkohol (war doch aktuell hier, oder?):
Franz Rehbein, Das Leben eines Landarbeiters (1911), hier zitiert.
Gleich nach den Haupterntewochen nahm ich Arbeit bei der Dreschmaschine an. Zwar drückt man sich, als verheirateter Tagelöhner, sonst herzlich gern von dieser Arbeit; doch da nach der Ernte der Tagelohn sofort wieder ganz rapide fällt, zog ich es vor, lieber die Unannehmlichkeiten der Drescharbeit auf mich zu nehmen, als ins Ungewisse nach halbwegs lohnender Feldarbeit zu suchen. Denn eine solche Dreschkampagne dauert regelmäßig bis in den Spätherbst hinein, auch hat man am Wochenschluß immerhin ein paar Mark mehr verdient, wie bei der gewöhnlichen Hofarbeit. Wie freilich dieser Mehrverdienst herausgeschunden wird, davon kann sich eigentlich nur der einen Begriff machen, der in Norddithmarschen selbst einmal an der Dreschmaschine tätig war.
Es besteht dort das System der Lohndrescherei im Umherziehen. Nicht jeder Hof hat seine Maschine, wie die Großgüter, auch gibt es keine Genossenschaftsmaschinen, wie anderswo. Die Dreschmaschinenbesitzer sind vielmehr selbständige Unternehmer, die sich eine eigene Maschine entweder gegen Bar oder auf Abzahlung anschaffen. Sie nehmen sich auch selbständig die nötigen Mannschaften an und ziehen nun mit ihrem bemannten Geschütz von Hof zu Hof, mit dessen Bauern der Drusch vereinbart war. Gedroschen wird im Stundenlohn. Zur Bedienung einer Dampfdreschmaschine – um solche handelt es sich hier ausschließlich – sind etwa 25–30 Mann erforderlich; und zwar für die Lokomobile: ein Heizer und ein Wasserträger, für die Maschine: zwei Einleger, zwei Bandschneider, ein Kaffträger, ein Losbinder, fünf Strohbinder und zwei bis drei Kornträger; der Rest verteilt sich auf die Garbenzuschmeißer, die Strohträger und die Hümpelmannschaften. Binder, Strohträger, Zuschmeißer und Hümpelleute wechseln sich täglich kolonnenweise ab, mit Ausnahme des Diemen-oder Hümpellegers, der ständig auf [⇐260][261⇒] seinem Posten bleibt. Wird mit Selbstbinder oder mechanischem Strohtransporteur gearbeitet, so verringert sich dementsprechend die Zahl der Leute. Die Oberaufsicht über das Ganze führt der Maschinenmeister, der in der Regel auch gleichzeitig Besitzer der Maschine ist. Je nach der geleisteten Stundenzahl erhält der Maschinenmeister für sich und seine Leute den Lohn vom Bauern und zahlt ihn in acht- oder vierzehntägigen Perioden wieder an die Leute aus; soviel Stunden, so viel Lohn. Verköstigt werden die Mannschaften ebenfalls von den Bauern.
Die Höhe des Stundenlohnes richtet sich, wie bei allen Gelegenheiten, so auch hier nach dem Angebot von Arbeitskräften. In der ersten Zeit, wenn auf den Höfen noch viel Leute beim Einfahren gebraucht werden, steigt der Lohn wohl auf 30 bis 35 Pfennige die Stunde, später sinkt er auf 20 bis selbst 15 Pfennige herab. Die beiden Einleger erhalten als Vertrauenspersonen des Dreschmaschinenbesitzers 10 Pfennige die Stunde mehr wie die übrigen Kolonnenarbeiter; eine kleinere Zulage bekommen auch die Kornträger, der Schmierer und der Hümpelleger; gleichmäßigen Tagelohn hat nur der Heizer. Von den Einlegern hängt es wesentlich ab, wieviel die Maschine täglich leistet und wie rein sie drischt; es soll natürlich immer so viel wie möglich durch den Kasten hindurchgejagt werden; dabei will der Landwirt noch tunlichst reines Stroh sehen; beides ist bei der großen Konkurrenz unter den Dreschmaschinenbesitzern von erheblichem Einfluß auf den Umfang ihres bäuerlichen Kundenkreises.
Was die Dreschmaschinenarbeit selber betrifft, so ist sie eine der anstrengendsten und aufreibendsten, die man sich denken kann. Stunden, nur Stunden schinden, ist hier die Losung. Je mehr Stunden am Tage, desto eher wird der Bauer die Maschine wieder los, desto weniger Mahlzeiten braucht er den Leuten zu geben. Je mehr Stunden der Maschinenmeister erzielt, desto mehr Korn kann er zum Ausdrusch übernehmen, und desto höher ist sein Profit. Je mehr Stunden die Leute zusammenrackern, desto größer ist der Wochenverdienst. Spätestens um 4 Uhr morgens wird angefangen, nicht selten aber auch schon um 3 Uhr, und dann geht es den ganzen lieben langen Tag rastlos fort, mindestens bis [⇐261][262⇒] 8 Uhr abends; sehr häufig aber wird es 9 und 10 Uhr, öfters sogar 11 und 12 Uhr nachts. Pausen gibt es nur, solange die Essenszeit dauert, einschließlich der Schmierpausen insgesamt höchstens eine Stunde des Tags. Das Abendessen verursacht keine Pause, denn dies wird erst nach beendeter Tagesarbeit eingenommen, ganz gleichgültig wie spät es auch werde.
Bei der Arbeit geht es »immer feste weg«, was der Schinderkasten nur schlucken kann. Der Mensch muß mit der Maschine fort, er wird ihr Sklave, wird selbst zum Maschinenteil. Vergegenwärtigt man sich das ununterbrochene Heulen und Brummen der Dreschtrommel, sowie den fast undurchdringlichen Staub, den sie entwickelt, dann kann man sich denken, was diese Art Maschinendrescherei für den Mann bedeutet. Der Staub haftet, besonders wenn das Korn viel Regen bekommen hat, fast zentimeterdick auf den Leuten; oft können sie kaum aus den Augen sehen; die Augen sind denn auch häufig verschwollen und entzündet. Ebenso ist die Nase vom Einatmen der Staubmassen förmlich verstopft, und beim Ausspeien kommen ganze Klumpen schwärzlichen Schleimes zum Halse heraus. Außerordentlich fest setzt sich der Staub auf die bei der schweren Arbeit stark schwitzende Haut und verursacht ein unangenehmes Jucken und Brennen, so daß es einem zumute ist, als säße der ganze Körper voller Ameisen.
Hat man in diesem Zustand seine 15, 16 oder 18 Stunden heruntergerissen, so ist man im wahren Sinne des Wortes todmüde. Vor Ermattung bringt man das Abendessen kaum noch herunter; am liebsten würde man sich sofort zum Schlaf ausstrecken. Doch an Schlaf ist gleich nach Feierabend nur dann zu denken, wenn die Maschine mehrere Tage auf einem Hofe bleibt. Sehr häufig muß aber noch spät abends oder mitten in der Nacht von einem Hof zum anderen gezogen werden, manchmal gar nach einem Stunden weit entfernten Dorfe, und wenn’s Glück gut ist, noch dazu bei strömendem Regen. Fährt sich dann zu allem Überfluß das Geschütz auf den durchweichten schlickigen Marschwegen auch noch fest, so ist erst recht nicht an Ruhe zu denken. Mit Wuchtbäumen werden dann Lokomobile und Dreschkasten [⇐262][263⇒] wieder flott gemacht, und alle Mann müssen mit in die Speichen greifen oder an Stricken und Ketten ziehen, um den Pferden tatkräftige Hilfe zu leisten. Ist man endlich an Ort und Stelle, so wird die Maschine bei Laternenschein wieder fix und fertig zum Dreschen klar gemacht, und dann erst kann jeder sehen wo er ein Lager findet, um noch ein paar Stunden zu ruhen.
Da für so viele Menschen auf den einzelnen Höfen kein Bettzeug vorhanden ist, so bekommen nur der Meister, der Heizer und die beiden Einleger eine Bettstatt, die übrigen Leute müssen sich im Stroh oder Heu oder Kaff verkriechen, wie sie es nun gerade vorfinden. Wie uns armen Teufeln mitunter zumute war, wenn wir mit durchnäßten Kleidern die kalten Herbstnächte im Stroh kampieren mußten, mag sich jeder selbst ausmalen. Ehe man sich eingenestelt hat und halbwegs warm geworden ist, klappern einem die Zähne mitunter hörbar im Munde, und gerade dann wenn man im besten Schlaf ist, ruft die Dampfpfeife schon wieder zu neuer Arbeit. Damit die Zeit nicht verschlafen wird, hat der Wasserträger die Nachtwache, er besorgt auch das rechtzeitige Anheizen der Lokomobile. Sind die Mannschaften nach dem Weckruf nun glücklich alle aus ihrem Strohlager hervorgekrochen, so fährt jeder mal kreuzweis mit dem Ärmel über die noch halbgeschlossenen Augen, und gleich darauf geht die Drescherei ihren Gang. An Waschen und Kämmen denkt niemand; es wäre auch überflüssig, denn schon nach wenigen Minuten wäre doch alles wieder wie vorher; höchstens könnte man sich die Augen noch mehr verderben wie schon ohnehin, weil sich der Staub gleich dick auf die feuchten Augenlider setzt und dort seine ätzende Wirkung ausübt.
Die erste Arbeit des Maschinenmeisters am Morgen ist, daß er jedem seiner Leute einen »groten Kööm« einschenkt. Der Fusel muß die infolge der kurzen Nachtruhe erschlaffte Energie wieder beleben. Und wirklich, das Gesöff tut Wunder. Hat erst jeder auf den nüchternen Magen einen gehörigen Kümmel hinter die Binde gegossen, so erneuern sich zusehends die trägen Lebensgeister, und mit dem Brummen der Dreschtrommel verrichtet alles ganz mechanisch seine Arbeit wie am vorigen Tage: die Zuschmeißer [⇐263][264⇒] werfen die Garben nach der Maschine, die Bandschneider ziehen ihre Messer durch die Garbenbänder, die Einleger lassen die losen Garben durch die Trommel gleiten, die Binder schnüren das ausgedroschene Stroh in Bunde, die Kornträger schleppen wie Automaten Sack auf Sack nach dem Boden, der »Kaffmajor« windet sich mit einem vollen Laken durch das Gewühl, und auf dem Hümpel hebt sich Bund auf Bund in regelmäßiger Reihenfolge. Endlich graut der Morgen, die trüben Öllaternen werden verlöscht, ein Pfiff ruft die Leute zur Frühkost: die ersten zwei Stunden des neuen Tages hat man hinter sich.
Nach 20 Minuten ist wieder alles an seinem Platze, und nun geht es in ununterbrochener Tätigkeit, höchstens mit einer kurzen Schmierpause dazwischen, bis zum Mittag. Hastig wird alsdann das Essen gegabelt und gelöffelt, denn kaum hat man den letzten Happen hinuntergewürgt, so pfeift’s auch schon wieder zur Arbeit. So viel Zeit, um seinen Löffel abzuwaschen, hat man nicht; man kann ihn nur ablecken oder mit knapper Not am Zipfel des staubigen Kittels abwischen. Um 4 Uhr ist Vesper, und Feierabend –? nun, das weiß nur der Maschinenmeister.
So wiederholt sich das Spiel einen Tag wie den andern. Da auch meistens des Sonntags gearbeitet wird, so kann es passen, daß man drei Wochen in einer Tour in Staub und Dreck abreißt, ohne sich auch nur ein einziges Mal richtig zu waschen oder in einem Bette auszuruhen. Riskiert man es aber doch einmal, den Kopf in einen Eimer Wasser zu stecken, so muß man sich in der Regel an seinem eigenen Kittel oder an einem alten Kornsack abtrocken; denn ein Handtuch geben die Bauern dazu nicht her, das ist ihnen zu schade für die Leute. Schließlich befindet man sich in einer Verfassung, daß einem selbst der schmierigste Zigeuner noch wie ein Edelmensch erscheint.
Solange man Stellen mit guter Kost hat, geht es noch; man verwindet die Überanstrengung dann leichter. Kommt man aber mehrmals hintereinander nach Höfen, wo es schlechte Kost gibt, dann wird auch der Geduldigste mißmutig. Viele Bauern wollen sich die Maschine dadurch rasch vom Halse schaffen, daß sie den Leuten ein möglichst elendes Futter vorsetzen. Sie kalkulieren, [⇐264][265⇒] die Leute würden bei schlechter Kost tunlichst rasch arbeiten, um nur recht schnell wieder von dem Hofe fortzukommen. Auf diese Art kann es passen, daß man womöglich acht Tage hintereinander oder doch fünf Tage in der Woche regelmäßig jeden Mittag den berühmten »Mehlbüdel« mit Sirupsauce vorgesetzt erhält. Vergegenwärtigt man sich dazu, daß die Morgen- und Abendkost ohnehin schon immer dieselbe bleibt (»Melk un Bry oder Beer un Bry«), dann dürfte es erklärlich sein, wenn es den Leuten bei diesem »elendigen Gefrätz« schließlich ganz schwummelig im Leibe wird. Wir empfanden es deshalb stets geradezu als eine Wohltat, wenn wir nach einem Hofe kamen, wo nach so viel Mehlbüdels endlich mal eine andere Mittagsspeise auf dem Tisch stand.
Ich erwähnte bereits den »groten Kööm«, den jeder Dreschmaschinenarbeiter des Morgens auf den nüchternen Magen als erste Frühgabe erhält. Bei diesem einen »Grooten« bleibt es jedoch nicht. Der Fusel wird vielmehr in regelmäßigen Zeitabständen von zwei zu zwei Stunden verschenkt, ausgenommen zu den drei Mahlzeiten. Er bildet sozusagen das Lebenselixier des Maschinenpersonals.
Für gedankenlose Beurteiler ist nun nichts leichter, als hierüber in Entrüstung die Nase zu rümpfen; doch wäre das grundverkehrt. Wer es einmal ernsthaft versucht, sich in dies Hundeleben der Dreschmaschinenarbeiter hineinzuversetzen, der kann über ihren Alkoholgenuß nicht den Stab brechen. Mit dem Ausdruck Hundeleben wird übrigens ihr Dasein noch nicht einmal annähernd richtig gekennzeichnet; denn selbst der schlechtest gehaltene Hund hat es immer noch besser wie er. Man denke an die unerhört lange Arbeitszeit, an die Rastlosigkeit und Intensität der Arbeit selbst, an den bei der Arbeit entwickelten Staub und Schmutz, an das elende Strohlager in der Nacht, an die nur zu häufig recht miserable Kost und daß die Arbeiter sich infolge der dauernden Überanstrengung vor Müdigkeit zeitweise kaum noch auf den Beinen halten können – dann wird es verständlich, daß die meisten von ihnen in dem »groten Kööm« ein unentbehrliches Mittel sehen, die erschlaffenden Lebensgeister neu zu beleben [⇐265][266⇒] und dem ermattenden Körper wieder frische Energie einzuhauchen. Wird die Abspannung hernach um so größer, nun so muß eben wieder ein neues Quantum Fusel helfen.
Übrigens, was hätten wir auch anders trinken sollen? Für den gewöhnlichen Durst verabreichten die Landwirte zwar das fade Dünnbier oder Buttermilch. Solange letztere noch halbwegs frisch ist, bekommt sie dem Magen auch ganz gut. Ist sie aber schon alt und sauer, oder gar blubberig wie Schweinetrank, dann verspürt man bald eine Wirkung, als solle sich die hintere Hosenpartie mit Gewalt zu einem Luftballon ausweiten. Alle Augenblicke gibt’s »Knalleffekte« von solcher Vehemenz, daß man mit einem alten blähsüchtigen Wallach in erfolgreiche Konkurrenz treten kann. Zudem bekommt man darnach einen derart üblen schleimigen Geschmack im Munde, daß man ihn selbst durch Kautabak nicht wegzuschaffen vermag. Da sehnt man sich denn förmlich nach einem Trunk, der den Hals von Zeit zu Zeit wieder »rein« kratzt, und als einziges dieser Art bietet sich eben leider nur der Schnaps.
Nun wäre es ja entschieden besser, wenn die Leute wenigstens des Morgens nach dem Verlassen ihres Strohlagers anstatt des Kümmels ihren warmen Kaffee bekämen. Es ließe sich dies auch sehr gut machen, denn der als Nachtwache tätige Wasserträger könnte sehr wohl rechtzeitig einen Kessel Kaffee zusammenbrauen, ohne daß die Frau Hofbesitzerin Laufereien davon hätte. Ebenso würde sich durch Kaffee zum Vesper der Fuselgenuß einschränken lassen. Doch hier geht es so, wie in dem bekannten Scherzreim Fritz Reuters: »Rindfleisch un Plummen is woll ’n gaud Gericht, bloß – wi kriegt et man nich.« Den Herren Landwirten ist es nun einmal zu umständlich, sich »wegen de Lüd« noch irgendwelche kleinen Extramühen zu machen. Auch dürfen »dies Lüd« um Gotteswillen nicht verwöhnt werden.
Die einzige freudige Abwechselung während der Dreschkampagne sind die Zahltage. Sie erfolgen unregelmäßig, je nachdem es sich mit der Arbeit paßt, mal von Woche zu Woche, mal nach vierzehn Tagen oder auch erst nach drei Wochen. Alles ist dann neugierig auf die Zahl der geleisteten Stunden. Sind über 100 [⇐266][267⇒] Stunden in der Woche erzielt, so spricht man befriedigt von einer guten Woche; eine Woche von 80–100 Stunden gilt als mittelmäßig, hat man jedoch »nur« unter 80 Stunden herausgeholt, dann war die Woche schlecht. Ich persönlich habe drei Dreschkampagnen mitgemacht und weiß noch so gut, als wäre es gestern geschehen, welches Gefühl der Befriedigung uns überkam, als uns der Maschinenmeister an einem Zahltage mit Stolz verkündete, daß wir es in der vorhergehenden Woche auf 124 Stunden gebracht hatten. Das war allerdings ein Rekord; kamen auf die sieben Arbeitstage doch nicht weniger wie fast 18 Stunden täglicher Arbeitszeit! In Wirklichkeit wurden die 18 Stunden aber noch erheblich überschritten, denn wie schon erwähnt, wird der Umzug von einem Hof zum andern sowie das Ab- und Aufstellen der Maschine nicht mitbezahlt, ganz abgesehen von den Stunden, um die uns der Meister auch noch zu beschummeln pflegte.
Gewiß, das Ergebnis war ja denn auch ein verhältnismäßig guter Wochenverdienst, den wir nach Hause brachten; aber am besten tat man, wenn man jedenfalls nicht daran dachte, wie er zusammengequält worden war.
Da bei der ständigen körperlichen Überanstrengung der Leute auch viele Unfälle vorkamen, so wurde einmal eine amtliche Bekanntmachung erlassen, die eine Regelung der Arbeitszeit und eine Verbesserung der Schlafgelegenheit vorsah. Von einer tatsächlichen Wirkung dieser Verordnung haben wir aber nie etwas verspürt. Es blieb, wie es war, und – heute ist es meines Wissens noch genau so.
Es gibt eine Chronik von Fahrdorf, da schau ich am Mittwoch mal rein.
Hallo Herr Tams,
wenn man ein Archiv aufsucht, passiert einem immer Folgendes:
Man sucht etwas Bestimmtes, findet es aber nicht.
Dafür findet man etwas, was man nicht gesucht hat.
Also, den abgeschossenen Hirsch fand ich nicht in der Fahrdorf-Chronik.
Dafür aber:
Der Fährmann, der 1625 Fahrdorf und Schleswig miteinander verband, hieß:
Dettleff Tams
Na, ist das was?
In den 1860er und 1870er Jahren betrieb in Haddeby ein J.Tams die Gaststätte, was Sie aber schon wissen.
Gruß, Ihr
Falk Ritter
ohne Gewähr!
Ich vermute mal, daß das Land dort dem Fürsten gehörte und an die Bauern verpachtet worden ist.
Also gehörte es zum Schloß.
(Dat gehört tum Schlott)
Jajajaaa, ich weiß, es ist an den Haaren herbeigezogen.;D
Immerhin gibst Du Dir Mühe, Norbert! ;)
Tscha, Gerd!
Manchmal kann man gar nicht so dumm denken, wie………………..88|