Fußball macht süchtig und „op de Anstalt“

Jürgen Jürgensen:

Hallo Gerd,

nachdem mein Bruder Peter auf Deiner HP als Zwerg am Busdorfer Teich schon zu sehen gewesen ist und zum Thema Fußball von mir mehrfach erwähnt wurde, habe ich mal ein Bild aus seiner aktiven Zeit Ende `60 angehängt. Auf dem Foto ist er der Dritte rechts.

Das sah doch schon ziemlich professionell aus, oder? War es auch. Damals voll „im Saft“, spielte er nach seinem Weggang von 06 zum Zeitpunkt der Aufnahme schon einige Jahre in Itzehoe, wo es durch die Zugehörigkeit zur Regionalliga Nord (damals 2. Liga) von Mitte `60 bis Anfang `70 bezahlten Fußball gab.

Die meisten ISV-Ligaspieler arbeiteten praktisch nur halbtags bei einem Großsponsor in Itzehoe (G+J). Mein Bruder tat das auch einige Jahre, nachdem er einen Job als junger Verwaltungsinspektor im öffentlichen Dienst unter großen Bauchschmerzen wegen eher unsicherer Fußball-Perspektiven aufgegeben hatte. Nach seiner aktiven Zeit war er in der „freien Wirtschaft“ dann aber sehr erfolgreich und hat diesen Schritt nicht bereut. Ohne den genannten Großsponsor wäre Fußball auf dem Niveau damals und auch später in Itzehoe übrigens kaum möglich gewesen.

Um den Bogen nochmal zu 06 zu spannen: Auch in Schleswig wäre Fußball in einer gewissen Güte ohne Sponsoring nicht zu sehen gewesen. Indirekter Hauptsponsor in Schleswig war das heutige LKH. Ich erinnere mich, dass wichtige Spieler wie Kadde Wulf, Harry Stelzner, Willi Hinrichs und andere ihr Geld alle als Pfleger im LKH („op de Anstalt“, wie es im Schleswiger Jargon hieß) verdienten. Wollte man Spieler holen oder halten, wurden diese aufgrund guter Beziehungen im LKH untergebracht. Die Qualifikation der einzelnen spielte damals im krassen Gegensatz zu heute keine so große Rolle.

Soweit ich entsinne, war ein Beispiel für das Procedere Harry Stelzner (Admin: auf dem Foto ganz links). Das wohl größte 06-Talent überhaupt schnupperte von 54-58 beim FC Köln, SV Rheydt und Itzehoer SV (!) in den Profibereich und kehrte wegen der Perspektive nach SL zurück, mit einem Job im LKH ein geregeltes Einkommen zu erzielen. Harry Stelzner war bis 1963 dann auch maßgeblich an den 06-Höhenflügen beteiligt.

Einer der Gründe dafür, dass viele Traditionsclubs mehr oder weniger in der Versenkung verschwunden sind, ist der Rückzug wichtiger Sponsoren. Möglichkeiten, wie sie das LKH zum Beispiel in SL bot, gibt es heute längst nicht mehr.

Gruß
Jürgen

Admin: Hier noch etwas aus den SN

1.005 Ansichten

3 Gedanken zu „Fußball macht süchtig und „op de Anstalt““

  1. Mein Vater Henry Tams (1918 – 2001) war ja auch nach Jahren als Malergeselle bei der „Anstalt“ als Pfleger untergekommen.

    Ich kann mich erinnern, dass er von dem einen oder anderen Kollegen sagte: „De speelt jo bi Nullsöss!“

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    • Sicherlich war die „Anstalt“ ein Sponsor für 06, aber ich meine der Höhenflug hing auch ein bißchen mit den in Schleswig stationierten Soldaten der Bundeswehr zusammen. Da waren auch ausgezeichnete Fußballer dabei. Ich kann daneben liegen, aber Lothar „Kater“ Thomas, meine ich, gehörte dazu.
      Am Sonntag meiner Konfirmation (23.03.1958), es gibt über alle Konfirmanden diese Tages hier Unterlagen, fegte 06 den Itzehoer Sv mit 7:3 vom Platz. Vielleicht kann Jürgen mich hinsichtlich des Ergenisse korrigieren.

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  2. Ich meine, dass Schleswig 06 – damals gerade aufgestiegen – die Itzehoer mit sage und schreibe
    7 : 0 ! ! ! vom Platz fegten – bin selber dort gewesen. Später wurde auch der Heider SV mit 1 : 0
    besiegt; am Ende der Saison lag Schleswig 06 – als Aufsteiger ! – auf Platz 3.

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