Admin: ich habe diesen Text wortwörtlich aus dem Beitrag „Leben am Lollfuß – Margarete Mede’s Erinnerungen an die fünfziger Jahre“ von Ingrid Thomsen – Band 56 der „Beiträge zur Schleswiger Stadtgeschichte“, abgeschrieben. Da die „Schleihalle“ eines meiner Lieblingsthemen im „Klassentreffen“ ist, konnte ich nicht anders und habe den Text mit Fotos aus dem „Fundus“ angereichert. Viel Spaß beim Lesen – und vielen Dank an die „Beiträge“!
Nette Kunden – so auch Johann von der „Schleihalle“
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Zum Lollfuß, ja, über Schleswigs Stadtgrenzen hinaus gehört die scheinbar unverwüstliche „Schleihalle“. Aus dem ehemaligen Platz des erinnerungsträchtigen Etablissements und mehrerer Alt-Schleswiger Lollfußhäuser ist heute ein Objekt anhaltender Spekulationen geworden bzw. einRasen. Damals gehörte die „SCHLEIHALLE“ Johann Jürgens. Er und seine liebenswerte, stille Frau, die auch in schlechten Zeiten immer an seiner Seite stand, waren beliebte Kunden bei Kaufmann Mede. Johann, etwas beleibt, originell, mutig, war eine nicht unumstrittene
Person im Unterhaltungswesen. Vor dem 2. Weltkrieg und bald danach gastierten berühmte Varietékünstler und Tanzorchester aus aller Welt in dem zweigeschossigen Bau auf der Landzunge zwischen Lollfuß und Schleistraße: Die oberen Räume hatte der joviale Gastwirt mit dem bäuerlichen Aussehen mit der Eleganz des
erbliebenen Inventars der einst so stolzen „Cap Polonio“ ausgestattet. UNSERE „Schleihalle“! Allen alten Schleswigern unvergessen. Leise vernimmt man mit etwas Fantasie noch heute ihr Flair, den etwas brakigen Schleigeruch, vermischt mit heißen Rhythmen und dem Echo der fröhlichen Gäste aus den luftig geöffneten Fenstern. Nur mit Bedauern erlebten die Schleswiger Bürger den abrupten Abriss des zwar abgewrackten, aber noch intakten Gebäudes. Ehen wurden in der „Schleihalle“ gegründet. Schleswiger Eltern führten ihre halbflüggen Nachkommen dort sozusagen in die Gesellschaft
ein. Wahre Wettspiele gab es bei den Jungen: „Wer kurz mal in die Schlei springt, bekommt einen Gratisdrink“. In den schicken Bars residierten die damenhafte Anita Liesch, die rassige Nelly, die eigentlich Dardanelli Krause hieß, weil ihr Vater einst als Soldat auf den Dardanellen gekämpft hat. AKI und ihre „Bauernschänke“ sind unvergessen, sie blieb die beste Boogie-Woogie-Tänzerin aller Zeiten. Irmchen (Henningsen) und viele andere vertraute Schleswiger lernten dort ihr gastronomisches Wissen. Das alles bestimmte die heitere, lebhafte
Welt am Lollfuß und seine Bewirtschaftung.
Admin: wer war „Irmchen“ – erbitte Hilfe?
Evelyn Leitterstorf: Hallo Gerd, Irmchen Wanke war meine Mutter (hinten auf dem Bild an der Bar), welche uns mit ihrer Nachtarbeit das Überleben in den Nachkriegsjahren ermöglicht hat. Weihnachten bei Mutter Jürgens war immer schön.
Admin: hier ist „Aki“ im Jahr 2009 und die Speisen- und Getränkekarte der „Bauernschänke“ aus der Besatzungszeit.Das „Bauernfrühstück“ für 2,00DM soll legendär gewesen sein –
aber auch die Ochsenschwanzsuppe…
Sönke: Als wir uns vor einigen Jahren mit der alten Frau Rasch über die Exportschlachterei unterhalten haben, kam das Gespräch auch auf die Kriegszeit und die Luftschutzkeller. Sie sagte, zu jener Zeit wurde in der Schleihalle nur per Vorkasse verköstigt, erst zahlen und dann genießen. Bei Luftalarm rannten die Gäste nämlich gleich hinaus um den zum Sammelschutzraum umfunktionierten Eiskeller in der Flensburger Str.6 aufzusuchen. Hätte der Wirt nicht so gehandelt, hätte er wohl kein Geld von seinen Schutz suchenden Gästen bekommen, sagte sie. Es war halt Pech, wenn man nicht aufgegessen hatte.
Jürgen Jürgensen: Moin Gerd,
welcher Schleswiger verbindet nicht irgendwelche Erinnerungen mit der Schleihalle? Ich assoziiere den Vergnügungstempel komischerweise immer automatisch mit „Friedel Hensch und den Cyprys„.
Das kann nur daran liegen, dass meine Eltern einen Auftritt dieser seinerzeit sehr populären Musikformation in den Fünfzigern dortselbst besucht und wochenlang darüber gesprochen haben.
aus Kostengründen für gewöhnlich den ganzen Abend an einer Mischung Weinbrand/Brause festhielten, während die Herren der Schöpfung den Gerstensaft ungeachtet der Kosten in Strömen fließen ließen und zu fortgeschrittener Stunde mit dem entsprechenden Pegel auch einer zünftigen Keilerei keineswegs abgeneigt schienen. Ein auch heute durchaus noch anzutreffendes soziales Verhalten… Ferner erzählte meine Mutter, dass sie mitten im Krieg spätabends bei Verdunkelung einmal von ihren Eltern auf dem Hesterberg zurück nach Friedrichsberg in ihre Wohnung ging. Als sie sich in der Dunkelheit auf Höhe des Deutschen Hauses befand, seien dort plötzlich Gestalten
Richtung Schleihalle hin und her gelaufen und hätten sich eine Schießerei geliefert. Es habe mehrfach geknallt, und die Mündungsfeuer hätten sogar aus dem Eingang des Deutschen Hauses heraus geblitzt. Meine Mutter musste quasi in Deckung gehen und lief in großer Aufregung weiter, als alles wieder gespenstisch still war. Sie hat nie erfahren, was da los war. In der Zeitung stand damals über derartige Ereignisse eh nichts.
Ich selbst war in der Schleihalle ziemlich genau 1967 letztmalig „im Einsatz“. Eine Rockband spielte auf, und auf der Tanzfläche ging die Post ab. Ich erinnere mich, dass im krassen Kontrast dazu ein Kellner in Livree dem entfesselten Jungvolk die Getränke in diesem Inferno ohne äußerliche Regung servierte. Das hatte wenigstens noch Stil.
Eine Nachbarin von uns in Friedrichsberg hieß übrigens Irma Henningsen. Aber die wird wohl kaum identisch sein mit der Mutter von Evelyn Leitterstorf.
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Als wir uns vor einigen Jahren mit der alten Frau Rasch über die Exportschlachterei unterhalten haben, kam das Gespräch auch auf die Kriegszeit und die Luftschutzkeller. Sie sagte, zu jener Zeit wurde in der Schleihalle nur per Vorkasse verköstigt, erst zahlen und dann genießen. Bei Luftalarm rannten die Gäste nämlich gleich hinaus um den zum Sammelschutzraum umfunktionierten Eiskeller in der Flensburger Str.6 aufzusuchen. Hätte der Wirt nicht so gehandelt, hätte er wohl kein Geld von seinen Schutz suchenden Gästen bekommen, sagte sie. Es war halt Pech, wenn man nicht aufgegessen hatte.
Hallo Gerd, Irmchen war meine Mutter ( hinten auf dem Bild an der Bar ) Wanke, welche uns mit ihrer Nachtarbeit das Überleben in den Nachkriegsjahren ermöglicht hat. Weihnachten bei Mutter Jürgens war immer schön
Moin Gerd,
welcher Schleswiger verbindet nicht irgendwelche Erinnerungen mit der Schleihalle? Ich assoziiere den Vergnügungstempel komischerweise immer automatisch mit „Friedel Hensch und den Cyprys“. Das kann nur daran liegen, dass meine Eltern einen Auftritt dieser seinerzeit sehr populären Musikformation in den Fünfzigern dortselbst besucht und wochenlang darüber gesprochen haben.
Ansonsten war die Schleihalle neben der Stampfmühle an den Wochenenden in den Zwanzigern und Dreißigern für meine Eltern die „Nahkampfdiele“ schlechthin. Nicht ohne eine gewisse Empörung berichtete meine betagte Mutter von diesen Zeiten, dass die Damen sich aus Kostengründen für gewöhnlich den ganzen Abend an einer Mischung Weinbrand/Brause festhielten, während die Herren der Schöpfung den Gerstensaft ungeachtet der Kosten in Strömen fließen ließen und zu fortgeschrittener Stunde mit dem entsprechenden Pegel auch einer zünftigen Keilerei keineswegs abgeneigt schienen. Ein auch heute durchaus noch anzutreffendes soziales Verhalten…
Ferner erzählte meine Mutter, dass sie mitten im Krieg spätabends bei Verdunkelung einmal von ihren Eltern auf dem Hesterberg zurück nach Friedrichsberg in ihre Wohnung ging. Als sie sich in der Dunkelheit auf Höhe des Deutschen Hauses befand, seien dort plötzlich Gestalten Richtung Schleihalle hin und her gelaufen und hätten sich eine Schießerei geliefert. Es habe mehrfach geknallt, und die Mündungsfeuer hätten sogar aus dem Eingang des Deutschen Hauses heraus geblitzt. Meine Mutter musste quasi in Deckung gehen und lief in großer Aufregung weiter, als alles wieder gespenstisch still war. Sie hat nie erfahren, was da los war. In der Zeitung stand damals über derartige Ereignisse eh nichts.
Ich selbst war in der Schleihalle ziemlich genau 1967 letztmalig „im Einsatz“. Eine Rockband spielte auf, und auf der Tanzfläche ging die Post ab. Ich erinnere mich, dass im krassen Kontrast dazu ein Kellner in Livree dem entfesselten Jungvolk die Getränke in diesem Inferno ohne äußerliche Regung servierte. Das hatte wenigstens noch Stil.
Eine Nachbarin von uns in Friedrichsberg hieß übrigens Irma Henningsen. Aber die wird wohl kaum identisch sein mit der Mutter von Evelyn Leitterstorf.
Das Bauernfrühstück für 2 Mark in der Bauernschänke von „Aki“ in Jagel – hmmmmmm – ein Gedicht!