Die Schlei – Eine Postkartenreise

Alle von uns, behaupte ich jetzt mal, haben schon mal eine Schleischifffahrt mitgemacht. Es geht bei der Schleihalle los mit der „Wappen von Schleswig“ oder der „Möve„.

Wolfgang Kather: Die von der Schleihallenbrücke ausgehende Schleischifffahrt wurde von Anton Bischoff betrieben, der, so wurde erzählt, mit seinem Schiff aus Ostpreußen über die Ostsee am Ende des zweiten Weltkrieges nach Schleswig geflüchtet war. Der Anton Bischoff sprach noch seinen ostpreußischen Dialekt. Wie seine Schiffe hießen, weiß ich nicht mehr, die Wappen von Schleswig war nicht der Name des Schiffes, mit dem er aus Ostpreußen gekommen war. Ein kleineres, offenes Motorboot, mit dem er nach Haddeby und in die Noore fuhr, hieß Hans. Anton Bischoff hatte auch einen Ruderbootverleih bei dem wir häufiger uns mal ein Boot gemietet haben, u.a. um damit zu versuchen ins Haddebyer Noor zu rudern, was aber, wenn ich mich recht erinnere, uns nie gelang, weil die Strömung unter der Brücke bei Minna Haddeby immer zu stark war.

Aus den SN: Anton Bischoffs Töchter Gisela Boyer und Hertha Nelius führen seit 1991 die Schleischiffahrt. Die Familie übernahm 1972 von der Familie Behr die „Wappen von Schleswig“ und die „Schleistadt Schleswig“. Die „Schleistadt“ wurde später nach Bremen verkauft und von dort nach Argentinien. Die „Wappen“ wurde 1927 bei der Union-Gießerei in Königsberg gebaut.

Vor der Abfahrt genießt man noch den Blick in Richtung Dom mit der Strandhalle. Gegenüber der Brücke der Herrenstall und weiter nach rechts das Schloss Gottorf.

Nach dem Ablegen der Blick zurück zur Schleihalle. Sogleich umrundet man die Möweninsel und bekommt dann den Blick auf die Königswiesen mit dem Luisenbad. Gleich darauf taucht dann der Hafen auf und anschließend der Holm mit dem St. Johanniskloster.

Auf der anderen Seite verschwindet der Stadtteil Friedrichsberg mit Busdorf im Hintergrund. Haddeby taucht auf und Haithabu, still gelegen an den Nooren.

Die Jugend amüsiert sich in Selk. Die Bewohner Fahrdorfs sehen auf der anderen Seite die Freiheit und die Zuckerfabrik. Auf dem Schiff werden die ersten Flaschen Bier aufgemacht.

Nach der Reise durch die kleine Breite und die Passage durch das Nadelöhr bei Stexwig wird die Durchquerung der Großen Breite angepeilt.

Norbert Neidebock: Wenn ich mir so die Bilder ansehe, insbesondere die Große Breite; da kann ich mich drüber amüsieren. Da wurde ein Betriebsausflug,die Männer mit Schlips und Kragen, die Frauen in schönen Kleidern,gemacht,wobei ich mich frage, ob die Teilnehmer am Ende noch genauso chic aussahen? Jedenfalls sah es damals noch recht ßßteif aus :-) )

Gerd Tams: Tja Norbert, heute würde ich das auch nicht mehr verstehen, wenn sich Leute in einem kleinem Kollegium mit Schlips und Kragen auf einen Betriebsausflug begeben. Aber damals (wahrscheinlich 1962) war ich mit dabei (der 2. junge Mann von links), als die Debeka einen Ausflug machte. Auch wenn es vielleicht so aussieht, war es aber keine besonders ßßteife Veranstaltung. Nach meiner Erinnerung wurde nicht übermäßig dem Alkohol zugesprochen. Ich habe die Debeka gleich nach der Lehre verlassen. Das Versicherungsgewerbe war nicht mein Ding.

Hier, zum Vergleich, noch ein Bild vom Betriebsausflug der Betriebsprüfung des Finanzamts Schleswig. Das kann so 1966 gewesen sein. Und wie man sieht, wurde auch damals noch Schlips getragen. Aber es war schon deutlich alkoholischer… (ich stehe links neben dem Schürzenmann).

Auch der Sensenmann kam auf der Schlei zum Zuge. Wolfgang Kather schreibt:

…der Kommentar des Norbert Neidebock erinnert mich an „Pupa“ Becker, seinen Vornamen habe ich vergessen, es könnte Karl-Heinz oder so was Ähnliches gewesen sein. Er wohnte im Finkenweg, jedenfalls so lange er zur Schule ging.

Pupa war in der Abgangsjahrgangsklasse 1961 nur bis einschließlich der neunten Klasse dabei. Er fiel dann der Schulstrategie, aus drei Klassen zwei zu machen, zum Opfer. Der Grund war, unser Klassenlehrer Ede Dewitz wechselte zur Bundeswehrschule als Schulleiter. Wahrscheinlich war dann ein Lehrer zu wenig an der Schule, ich weiß es nicht mehr.

Pupa lernte nach der Schule Bankkaufmann bei der Kreissparkasse und diese machte, es muß ein oder zwei Jahre nach Ende seiner Lehrzeit gewesen sein, eben auch so einen Betriebsausflug auf der Schlei. Auf diesem Betriebsausflug fiel Pupa in die Schlei und ist gestorben.

Pupa ist auf dem Foto von der Klassenfahrt nach Büsum 1959, mehrere von uns auf dem Deich, ganz links zu sehen. Ich habe noch ein weiteres Foto von ihm, entstanden auf der „berühmten Fete“ bei Bühlein Iversen, das ich mitschicke.

Im Dunst, an Steuerbord, liegt Borgwedel.

Michael Davidson schreibt: I worked for two summer holidays at Borgwedel (1963/64) when I was a teenager, and had two very special and memorable summers there — basically to learn German. I was adopted as a member of the family — it was run by Herr und Frau Ritter and they had six children if I remember rightly — they called me nummer sieben! I remember so well sitting by the Schlei sipping Dortmunder Union Bier, and going swimming at midnight. I was very fond of the Ritter family. Sometimes we would go into Schleswig and if we had had one schnapps too many, we would drive back on the Schnapps Strasse as Herr Ritter called it. I know Herr Ritter died many years ago — the family wrote to me when I lived in Canada. I often think of Borgwedel to this day and still have my old diary from those summers and old photos of the Jugendherberge. It would be wonderful to think I had not lost touch with a place that meant so much to me and is still, all these years later, very much in my memories.

Dann, der Kapitän belehrt uns, das traditionsreiche Louisenlund, das die Kinder reicher Eltern aufzieht und das weniger glamouröse Fleckeby.

Das Schiff schlängelt sich dann ganz vorsichtig durch die Engstelle bei Missunde und legt dort kurz an. In der Zeit fährt die Fähre einige Male zwischen Angeln und Schwansen hin und her. Übrigens kann man von Missunde aus leicht Klein-Westerland erreichen, um dort in der Großen Breite zu baden.

Das Brodersbyer Noor

Nach dem Ablegen sind die beiden Ufer der Schlei nicht weit vom Schiff. Man sieht ganz viel Grün. Am linken Ufer, dann Ulsnisland, der „Vorort“ von Ulsnis. Und dann natürlich die spektakuläre Durchfahrt unter der Eisenbahnbrücke von Lindaunis. Gleich beim Landarzt.

Bahnhofshotel Lindaunis, Ausflugsort, Dampferanlegestelle, Große Terrasse, Schattiger Garten, Clubzimmer, Ballsaal, Restaurant, Fernsprecher, Bes. Th. Ernst

Auf der rechten Seite das in herzöglichem Privatbesitz befindliche Puppendorf Sieseby, das man unbedingt mal aufgesucht haben sollte.

(Stellvertretend für alle schönen Bilder von der Schlei – hier ein Blick auf Arnis)

Dann geht es schnurstracks auf die Stadt Arnis zu, die, wie Manhattan, auf einer Halbinsel liegt. Ein sehr treffender Vergleich, finde ich. Auf der anderen Seite der Schlei liegt übrigens Sundsacker.

Schön, nicht?

Von Arnis aus sieht man schon die Skyline von Kappeln und die rauchenden Schlote der Fabrikanlagen von Nestlé. In Kappeln legt man an und besichtigt Nestlé.

Die beiden Häuser am Ufer der Schlei kann man nicht übersehen…


Ganz am Ende der Bucht, die sich vor Maasholm nach Norden ausbeult, liegt das kleine Dorf Wormshöft (aber mit einem Geschäftshaus!).

Weiter geht es dann mit Ziel Schleimünde. Vorher kommt aber noch, links, Maasholm. Und auf der anderen Seite liegt, kaum zu sehen, Olpenitz.

Schließlich erreichen wir Schleimünde.

Von dort geht es dann nach dem Landgang wieder zurück nach Schleswig.

Rainer Pose: Das ist eine prima Idee gewesen, guter Text, unterlegt mit den herrlichen Bildern. Wo kommen die historischen Aufnahmen her? Weitere Kommentare später.
Habe als Schüler zwei Klassenfahrten nach Schleimünde gemacht. Damals hieß der Dampfer, und ich glaube mich richtig zu erinnern, „Siegfried“. Kennt den noch jemand?

Anmerkung von Gerd Tams: Zu damaligen Zeiten wurden offenbar gerne Ansichtskarten verschickt. Die Fotos waren damals aktuell. Sammler von heute bieten diese Karten im Internet zum Verkauf an.

Zum Schluss noch dieses stimmungsvolle Foto des Haddebyer Noors von Uwe Steen, veröffentlicht hier, ein weiteres Foto hier

Hier noch Übersichten…

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4 Gedanken zu „Die Schlei – Eine Postkartenreise“

  1. Das ist eine prima Idee gewesen, guter Text, unterlegt mit den herrlichen Bildern. Wo kommen die historischen Aufnahmen her? Weitere Kommentare später.
    Habe als Schüler zwei Klassenfahrten nach Schleimünde gemacht. Damals hieß der Dampfer, und ich glaube mich richtig zu erinnern, „Siegfried“. Kennt den noch jemand?

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  2. Die von der Schleihallenbrücke ausgehende Schleischifffahrt wurde von Anton Bischoff betrieben, der, so wurde erzählt, mit seinem Schiff aus Ostpreußen über die Ostsee am Ende des zweiten Weltkrieges nach Schleswig geflüchtet war.
    Der Anton Bischoff sprach noch seinen ostpreußischen Dialekt. Wie seine Schiffe hießen weiß ich nicht mehr, die Wappen von Schleswig war nicht der Name des Schiffes, mit dem er aus Ostpreußen gekommen war.
    Ein kleineres, offenes Motorboot, mit dem er nach Haddeby und in die Noore fuhr, hieß Hans.
    Anton Bischoff hatte auch einen Ruderbootverleih bei dem wir häufiger uns mal ein Boot gemietet haben, u.a. um damit zu versuchen ins Haddebyer Noor zu Rudern, was aber, wenn ich mich recht erinnere uns nie gelang, weil die Strömung unter der Brücke bei Minna Haddeby immer zu stark war.

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  3. Wenn ich mir so die Bilder ansehe, insbesondere die Große Breite; da kann ich mich drüber amüsieren. Da wurde ein Betriebsausflug,die Männer mit Schlips und Kragen, die Frauen in schönen Kleidern,gemacht,wobei ich mich frage, ob die Teilnehmer am Ende noch genauso chic aussahen? Jedenfalls sah es damals noch recht ßßteif aus :-))

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